Der gemeindeeigene Backofen gehört wahrscheinlich zu den ältesten Bauwerken des Dorfes.
Erbaut wurde er im Jahre 1650 und war seit dem bis 1938 in Gebrauch. Der Backofen aus Bruchsteinmauerwerk war der älteste Bestandteil des damaligen "Gemeinde-, Hirten- und Backhauses". Die Bauweise des quadratischen Aufbaus mit dem kegelförmigen Sockel ist heute ebenfalls noch in Niedersteinbach vorzufinden.
Der Backtag und dessen Vorgang
Alle Kahler Familien waren dazu berechtigt den Backofen zu nutzen. Wöchentlich wurden sogenannte "Backparteien" gegründet, welche bis zu drei Familien umfassten, diese wurden durch ziehen von Losen auf die Woche verteilt. Die Backzeiten gingen die Woche durch von montagmorgens um sechs Uhr bis Samstag 24 Uhr. Im Schnitt verbrachten die einzelnen Parteien drei Stunden in der Backstube. Die Nutzung kostete die Bürger zehn Pfennige und einen Eintrag in das Backbuch. Die Familien bereiteten meist am Vortag ihre Teigwaren vor und backten diese in dem Ofen der je nach Größe, 30 bis 40 Leibe fasste. An Fest- und Feiertagen war ein großer Ansturm auf die Lose, jedoch reichte die Zeit, auch mit Nachtbetrieb nicht aus, um alle Parteien in eine Woche einzuteilen und es wurden sogenannte "blinden Lose" eingeführt. Wer solch eines erwischte, musste seinen Backtag auf die nächste Woche verschieben.
Das Brot wurde zuhause in kühlen Kammern oder im Keller auf einer "Brothenke" aufbewahrt. Das "Gebäck" reichte zwei bis drei Wochen, je nach Größe der Familie.
"Kratzekuche"
Der damals beliebteste Kuchen bei den Kindern, bestand aus den Teigresten in der Backmolde, diese wurden zusammen gekratzt, auf einem Kuchenblech verteilt und im Anschluss mit Rüböl bestrichen und mit etwas Zucker bestreut.
Beliebter Treffpunkt
Zu Nachtzeiten war der Kahler Backofen ein gern besuchter Treffpunkt. Die "Spätheimkehrer" aus den Wirtsstuben setzen sich oft mit den Bäckern oder den Nachtwächtern zusammen und plauderten. Dort herrschte durch das Backen noch eine angenehme Temperatur und alle konnten sich aufwärmen.