Ottilienkirche

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Ottilienweg, 63856 Bessenbach

Kirchen

Im Schatten der großen Kirche behauptet sich die kleine Ottilienkirche, uralte Pfarr- und Mutterkirche der Umgebung und zugleich Wallfahrtskirche zur heiligen Ottilia. Der Ursprung der Pfarrei war wohl eine kleine Jägersiedlung, die vom Stift Aschaffenburg gegründet wurde. Eine Quelle am Fuß des Kirchberges und ein Wehrkirchlein am Bergsporn darüber könnten um das Jahr 1000 der Mittelpunkt der Waldsiedlung gewesen sein.

Aus dem Jahr 1184 stammt der früheste Nachweis für die Pfarrei Oberbessenbach, deren Pfarrsprengel damals von Haibach bis Hessenthal reichte. Deshalb wurden die romanische Kirche und der Bergfriedhof, der für Jahrhunderte die Toten des weiten Gebietes aufnahm, verhältnismäßig groß angelegt. Das Stift St. Peter und Alexander in Aschaffenburg hatte das Patronat über die Ottilienkirche inne.

Im späten Mittelalter war der zur Kirche gehörige Ottilienbrunnen Wallfahrtsort für Pilger aus der Umgebung, insbesondere bei Augenleiden. Dies ergibt sich aus der Heiligenlegende der Ottilie, die durch die heilige Schrift sehend wurde. Deshalb ist sie mit einem Buch in der Hand abgebildet, auf dem sich zwei Augen befinden. Die hl. Ottilia wurde und wird vor allem im Elsaß verehrt. Wahrscheinlich waren es die Beziehungen des Stiftes Aschaffenburg zu Klöstern nach Elsaß, die die Ottilienverehrung nach Oberbessenbach brachten.

Um 1450 wurde wohl der Turm der Kirche umgebaut (Steinturm) bzw. erhöht. Eine Inschrift am Turm lautet auf die Jahreszahl 1454. Der Grund für diese Umbaumaßnahmen - wohl etwa gleichzeitig erhielt die Kirche auch einen gotischen Chor - war die zunehmende Wallfahrtstätigkeit in Oberbessenbach. In etwa entsprach der Bau damit dem heutigen Anblick, außer der Turmhaube, die zunächst wohl über einen spitzen Helm verfügte, der nach einem Unwetter 1808 durch die heute sichtbare Dachkuppel ersetzt wurde.

Bis etwa 1650 hat die Kirche keine größeren Veränderungen erfahren, was zum einen mit dem Dreißigjährigen Krieg und zum anderen mit der nachlassenden Wallfahrtstätigkeit zusammenhing. Die Armut der Menschen verhinderte in der bauwütigen Barockzeit den Abbruch der Kirche und ließ nur eine bescheidene Ausmalung zu. So entstand 1732 der einzige in der Barockzeit an die Wand gemalte Hochaltar Bayerns. Eine letzte Welle der damaligen goldenen Zeit schlug auch in das stille Spessartdorf und ermöglichte eine kostbare Innenausstattung: einen zierlichen Rokoko-Hochaltar, wohl eigens für die Kirche geschaffen, zwei Barock-Seitenaltäre aus der abgebrochenen Franziskanerkirche in Saalmünster und eine Kanzel, die dem nordfranzösischen Barock zuzuordnen ist.

Nach Fertigstellung der neuen Stephanuskirche verlor die alte Ottilienkirche ihre Funktion. Man ließ sie verfallen und nutzte sie zeitweise als Notleichenhaus. Die Inneneinrichtung verschwand nach und nach. Der Altar des 18. Jahrhunderts kam 1928 in den Neubau der Filialkirche nach Dörrmorsbach, die beiden gotischen Glasfenster nach Würzburg, wo sie seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen gelten. 1931 stand die Kirche schließlich vor dem Abriss, der allerdings nicht durchgeführt wurde. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt auch der Kirchenberg neuen Glanz. Man erkannte die kunsthistorische Bedeutung der Ottilienkirche und setzte nach mehreren Anstössen deren Renovierung ab 1973 durch. Am 13. Dezember 1975 wurde sie der hl. Ottilia neu geweiht.

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